MCS Convenience Campus: Zukunftstrends für Tankstellenshops – Smarte Strategien für mehr Umsatz

Wie Tankstellenshops durch Smart Stores, digitale Lösungen und erlebnisorientierte Konzepte wettbewerbsfähig bleiben.

Beim MCS Convenience Campus 2024 in Fulda diskutierten Branchenexperten über die Zukunft von Tankstellenshops. Smarte Nahversorgung, Digitalisierung und Erlebniswelten standen im Fokus. Wie können Tankstellen mit innovativen Konzepten ihre Umsätze steigern, Kundenbindung stärken und sich als moderne Nahversorger positionieren? Erfahren Sie, welche Top-Trends und Best Practices entscheidend sind, um erfolgreich auf verändertes Kaufverhalten zu reagieren.

Chancen erkennen und POTENZIALE nutzen

Branchenexperten diskutierten beim „MCS Convenience Campus“ in Fulda innovative Ansätze für neue Einkaufserlebnisse, Digitalisierung und Kundenbindung, um Tankstellen besser als Nahversorger mit starkem Fokus auf Convenience zu platzieren.

 

Der erste „MCS Convenience Campus“ seit 2018 fand Ende Oktober in Fulda statt. Die Kundenveranstaltung für 170 Teilnehmer aus den Bereichen Tankstelle und Travel Retail gab Einblicke in zukünftige Anforderungen, Trends und praktische Lösungen im Shop. Dabei wollte Gastgeber Torsten Eichinger, Geschäftsführer der „MCS Marketing und Convenience-Shop System GmbH“, gleich zu Beginn mit einer alarmierenden Zahl wachrütteln: „Ganze 51 Prozent der Tankkunden kaufen nichts im Shop.“ Umsatz lasse sich durch veränderte Platzierung und schnellere Anpassung an aktuelles Kaufverhalten leichter einlösen, versprach Eichinger. Zudem gelte es, Marktanteile zu sichern und vom Wettbewerb zu lernen.

Smarte Nahversorger

So warnte Reiner Graul, Geschäftsführer der Unternehmensberatung „Bormann & Gordon“, vor der wachsenden Bedeutung der Smart Stores. „Diese Shops sind pure Convenience. Davon sollten Tankstellen schnellstmöglich lernen.“ Experte Dr. Stephan Ruschen, Professor für Lebensmittelhandel, stimmte zu und ergänzte: „Obwohl Angebote wie ‚Teo‘ von ‚Tegut‘ noch eine Nische besetzen, kann sich das rasch verändern. Länderspezifische Gesetze zu Ladenöffnungszeiten sowie komplexe Genehmigungsverfahren bremsen die Entwicklung aktuell.“ Im ländlichen Raum sei die Versorgungslücke groß und die Nachfrage hoch. Den Leerstand ehemaliger Geschäfte nutzten nun Anbieter wie „Tante Enso“. Dabei waren sich die Experten über die für Tankstellen notwendige Transformation zum Nahversorger einig: Aus dem bisherigen „Tanken mit Kaufoption“ müsse ein bequemes und umfangreiches „Kaufangebot mit Tankoption“ werden. Große Vollsortimenter mit Ladesäulen machten das bereits vor. „Vergleichen Sie Ihr Angebot mit den besten Alternativen in der Umgebung. Nicht nur mit anderen Tankstellen“, mahnte Christian Warning, Geschäftsführer bei „The Retail Marketeers“.

Erlebniseinkauf schaffen

Außerdem machte Warning auf veränderte Ansprüche der Kunden aufmerksam: „Moderne Tankstellen müssen weg von ‚Gas, Coke and Smoke‘. Gefragt sind erlebnisorientierte Einkaufswelten.“ Als Vorbilder dienten Fallbeispiele internationaler Marktteilnehmer. So veränderte eine im Eingangsbereich platzierte Auslage mit „Fresh Food“ wie Obst die Stimmung der Kunden. Die folglich veränderte Wahrnehmung des Verkaufsraums habe in der Folge zu steigendem Absatz bei Sandwiches geführt. Den Unterschied konnten auch tadellos hygienische Sanitäreinrichtungen machen und damit im Kopf des Kunden ein Alleinstellungsmerkmal verankern, versprach Warning. Wie unterschiedlich die Anforderungen sein können, wusste Patricia Frank. „Es gibt nicht das eine gute Sortiment. Die Zusammenstellung variiert regional und im Unterschied zwischen Stadt und Land“, so die Leiterin Category Development bei „Mars“. Generell erwarte der moderne Kunde eine angenehme Atmosphäre und Abwechslung beim Einkauf.

Generation Z

Taktgeber für neue Einkaufserlebnisse seien vor allem junge und trendbewusste Konsumenten. Urs Meier, COO bei „Garden of Youth“, gab Einblicke in seine Generation und erklärte die neuen Ansprüche und Interessen einer wachsenden Kundengruppe. „Die Generation Z ist sehr heterogen. Die Festlegung auf den klassischen Käufer ist kaum möglich“, so Meier. Moderne Medien erzeugten unterschiedliche Informationsblasen. Der dezentrale Informationsfluss biete aber auch Vorteile: „Etwa 60 Prozent der Nutzer sozialer Medien kreieren selbst Inhalte. Trends entstehen heute aus der Community und werden nicht mehr allein durch Handelsmarken gesteuert“, erklärte Meier. Wer kurzfristige Trendbewegungen bediene, habe gute Umsatzchancen. Oft hingen diese Hype-Produkte mit bekannten Internetpersönlichkeiten zusammen und hatten nur einen kurzen Produktlebenszyklus. Im Unterschied dazu gebe es außerdem eine wachsende Zahl junger Startups mit Fokus auf langfristiger Markenbildung. Ziel dieser Marken wie „Rob‘s Chips“ oder „Heyyy Gums“ sei es, disruptiv Nischen zu besetzen, die von etablierten Herstellern bisher übersehen wurden.

Sortiment neu denken

Nachfrage und Kaufverhalten unterliegen in allen Kundengruppen saisonalen, aber auch generellen Veränderungen. Potenziale im Sortiment sollten kurzfristig erkannt und bedient werden, riet Torsten Eichinger. „Berliner oder Krapfen sind im Vorjahr um 26 Prozent gewachsen und entwickeln sich zum Ganzjahresartikel. Die Nachfrage bei Cookies stieg sogar um 72 Prozent. Als Package-Deal mit Kaffee ein optimaler Umsatzbringer.“ Die Notwendigkeit, diese Chancen zu erkennen, betonte Sabine Schossmeier, zuständig für Category Development bei „Diageo“. So hatten Premix- und Ready-to-Drink-Getränke (RTD) seit 2020 um 216 Prozent zugelegt. Der Discount habe teilweise das Presseregal zugunsten dieser Angebote ersetzt und mache den Tankstellen dieses Steckenpferd nun strittig. Zielgruppe sei preisbedingt der Premium-Shopper zwischen 40 und 49 Jahren mit einem Haushaltseinkommen zwischen 2.000 und 2.500 Euro pro Monat. Auch alkoholfreie Mocktails machten laut Schossmeier weiter an Boden gut. „RTDs sind zu 65 Prozent ein Impulskauf und werden am selben Abend verzehrt“, erklärte Schossmeier. „Am PoS sollten wir Saisonhöhepunkte wie Silvester, Karneval oder Vatertag noch mehr zelebrieren.“

Platzierung geschickter gestalten

Unverzichtbar sei laut vieler Branchenexperten die Aktivierung durch Platzierung. „Was Umsatz bringt, muss in die Kassenzone“, betonte Torsten Eichinger. Hidden Champions wie „Kinder Maxi King“, „Kinder Pingui“ und „Milchschnitte“ wurden im Kühlregal leider oft übersehen. Zudem seien diese Produkte bereits durch Fernsehwerbung vorverkauft und besonders attraktiv als Impulskauf. „Wer schnelldrehende Produkte nicht an die Kasse bringt, lässt Umsatz liegen“, so Eichinger. Patricia Frank ergänzte: „Die Kassenzone sorgt für 75 Prozent des Umsatzes auf drei Prozent der Fläche. Sie ist der kleinste gemeinsame Nenner in jeder Customer Journey.“ Was nicht gesehen wird, wird nicht gekauft. Zudem sorge logische Zweitplatzierung ebenfalls für Impulskäufe. Reiner Graul ermutigte zu einem gesamtheitlichen Store-Konzept mit übersichtlicher Warengruppenstruktur, damit Kunden sich schnell zurechtfinden.

Impulse: Promotions und Preis

Der gewünschte Kaufimpuls ließe sich auch durch Preisstruktur steuern, mahnte Graul und wies auf eine aktuelle Entwicklung hin: „Der Warenkorbwert ist gestiegen. Inflationsbereinigt stagniert jedoch der Absatz. Die Frequenz im Shop ist zurückgegangen.“ Als Grund identifizierte Graul die seit 2022 unbewegte Preisschwelle und eine folglich massive Teuerungswahrnehmung der Käufer. Begegnen könne man dieser Wahrnehmung durch gezielte Sonderangebote und dynamisches Pricing. Die klassischen Hebel wie Zweitplatzierung, Bundles, Package-Deals oder 2-für-1-Aktionen funktionierten weiterhin und sollten genutzt werden. Aktuell besuchten lediglich 26 Prozent der Kunden den Shop ohne vorherigen Tankanlass und diese Zahl sei sogar rückläufig. Der oft beschworene Blick zum Wettbewerb dürfe die Preisgestaltung nicht unberührt lassen, forderte Reiner Graul und resümierte: „Die Tankstelle bleibt der Notfall für den Einkauf.“ Wer sich als Nahversorger etablieren möchte, sollte hier also noch genauer hinschauen.

Digitalisierung und PoS-Marketing

Gerade einmal 100 Sekunden verbringe der Kunde durchschnittlich im Shop. Das sei Zeit, die intensiv genutzt werden sollte, bekräftigte Eichinger. Retail Media müsse hier noch zielgerichteter und anschaulicher eingesetzt werden. Christian Warning ergänzte: „Was sich nicht bewegt, wird nicht gesehen. Licht zieht Blicke an.“ Werbegelder verlagerten sich aktuell immer stärker an den PoS. Das beginne bereits beim Anfahren an die Tankstelle: „Wir müssen draußen bereits zeigen, was drinnen los ist“, so Warning. Jeder Moment des Wartens müsse zum möglichen Kaufimpuls führen. Das gelte für den Tankvorgang an der Ladesäule, aber vor allem für die Kassenzone. Großes Potenzial prognostizierte er zudem der Implementierung von Order-Terminals. Sie sparten Personal ein, generierten Daten zum Kaufverhalten und steigerten Kauflust und Kundenzufriedenheit. Ebenfalls vielversprechend seien Self-Checkout-Systeme mit automatischer Produkterkennung. Als Beispiel nannte Warning Systeme vom Hersteller „Mashgin“, welche bereits bei „Circle K“ eingesetzt werden.

Keine Angst vor der Zukunft

Digitalisierung, Neuorientierung im Sortiment und die Konkurrenz durch Smart Stores seien große Herausforderungen, eröffneten aber auch ungeahnte Möglichkeiten. Wichtig seien die aufmerksame Beobachtung des direkten und indirekten Wettbewerbs sowie mehr Dynamik in der Auswahl des Sortiments. Die eigenen Stärken solle man weiter ausspielen, ermutigte Christian Warning: „Die Tankstelle bleibt Wachstumsmarkt und erfreut sich hoher Loyalität beim Kunden. So haben 78 Prozent der Deutschen eine Lieblingstankstelle.“ Die persönliche Kundenbindung unterstrich Service-Performance-Beraterin Sabine Hubner mit einem Hinweis zur Identität der eigenen Marke: „Der menschliche Moment wird im digitalen Zeitalter seltener und hinterlässt daher einen bleibenden Eindruck. Ehrlicher Kundenservice und Authentizität zahlen am Ende mehr auf die Außenwahrnehmung ein als bloß makellose Ausstattung.“