Das gute alte „Gas, Coke & Smoke Modell“ wird nicht mehr ausreichend sein

Christian Warning ist Gründer und Geschäftsführer der The Retail Marketeers GmbH mit Sitz in Hamburg. The Retail Marketeers ist ein Boutique-Beratungsunternehmen, das sich auf die verändernde Verbrauchernachfrage an Tankstellen und neue Omnichannel-Angebote im Mobilitätsmarkt konzentriert. The Retail Marketeers sind damit der erste Ansprechpartner im Markt bei der notwendigen Umwandlung der Tankstelle in ein Mobilitätshub. Als Sonderberater des NACS EMEA-Komitees und Gastgeber des jährlichen NACS Convenience Leadersexchange D-A-CH vernetzt er Führungskräfte der Tankstellen- und Convenience Retail Branche über die Grenzen Deutschlands hinaus miteinander. Christian Warning hat sein Handwerk bei Shell gelernt, wo er 13 Jahre in unterschiedlichen Positionen im Tankstellengeschäft tätig war.

 

1. Es wird viel von der Mobilitätswende gesprochen. Was würde die Ihrer Meinung nach für die Shops bedeuten?

Die Mobilitätswende nimmt Fahrt auf und wird in den nächsten 10 Jahren für größere Veränderungen sorgen, als es vor 100 Jahren durch die Einführung der PKW der Fall war. Tankstellen-Betreiber müssen sich einem Paradigmenwechsel unterziehen: Attraktive Angebote zum Sofortverzehr, besonders guten Kaffee, Nahversorgungsangebote und Services wie click&collect müssen Gründe werden, die Tankstelle anzufahren. Und wenn der Kunde dann da ist, dann tankt er eventuell auch oder lädt sein Auto mit Strom auf. Das gute alte „Gas, Coke & Smoke Modell“ wird nicht mehr ausreichend sein. Oder in anderen Worten: Weg von der Fahrzeugdenke – hin zur Kundendenke!

 

2. Wie können sich Shopbetreiber darauf vorbereiten?

Shopbetreiber benötigen Daten, um sich mit den Kundenwünschen am jeweiligen Standort noch besser auseinanderzusetzen. 85% der Deutschen haben eine Stammtankstelle, da sollten Shopbetreiber wissen, wie sich die Kundengruppen in 5, 10 und 15 Fahrminuten rund um einen Standort unterscheiden und welche Warengruppen und Services angeboten werden sollten, um diese Zielgruppen für sich zu gewinnen. Es gibt weltweit nicht einen Tankstellen-Standort, der exakt dem anderen gleicht: One size fi ts all funktioniert in unserem Geschäft nicht!

 

3. Was werden in den nächsten Jahren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für deutsche Tankstellen sein?

Wir müssen für den mobilen Kunden im Außer-Haus-Markt relevanter werden. Angebote gegen Hunger und Durst und vor allem eine saubere Toilette sind unabhängig von der Antriebsart Kundenwünsche, die wir besser erfüllen müssen. Wir stehen in einem harten Wettbewerb und zwar nicht so sehr untereinander, sondern gegen aktuell bessere Alternativen: Die Bäcker, der LEH, die Fast Food Anbieter und sogar die Discounter bieten bessere Angebote und häufi g auch noch preiswerter. Wir müssen als Branche verlorenes Terrain wieder zurückgewinnen und besser werden. Eine große Herausforderung insbesondere vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels. Daher empfehle ich allen Shopbetreibern, möglichst viele Prozesse auf den Kunden zu verlagern.

 

4. Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Der Digitalisierung fällt eine Schlüsselrolle zu. Food to go und Technologie sind heutzutage wie linker und rechter Schuh. Kunden erwarten von uns an der Tankstelle einen ultraschnellen und reibungslosen Ablauf. Das schaffen nur technische Hilfsmittel wie Apps zum Vorbestellen, Bezahlen und Abholen oder Orderterminals wie es uns die Fast Food Industrie vormacht. Die Ausgabebereitschaft auf dem Handy oder am Terminal ist höher, der Ablauf bequemer und der Shopbetreiber spart sich noch Personalkosten durch die Prozessverlagerung auf den Kunden. Im Übrigen hatten die beiden führenden Tankstellen-Ketten an der US-Ostküste Wawa und Sheetz schon 10 Jahre vor McDonalds Orderterminals in ihren Tankstellen-Shops eingeführt. Auch Scan&Go und Selfservice-Checkout Terminals sollten zu einer selbstverständlichen Option für den Kunden werden.

 

5. Sie sind durch Ihre Arbeit in der NACS viel im Ausland unterwegs und sehen weltweit viele Shops. Welches Land ist heute der internationale Benchmark in Sachen Convenience Stores und warum?

Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Auf der irischen Insel ist das Food to go Angebot an Tankstellen sicherlich weltweit führend, aber auch in Dänemark, der Schweiz und in UK gibt es hervorragende Beispiele. In Norwegen ist die Elektromobilität am weitesten fortgeschritten und wir können dort lernen wie sich EV-Fahrer an der Tankstelle verhalten. In Südafrika bin ich immer wieder positiv überrascht über den Frischegrad in C-Stores und in Asien ist die Digitalisierung am weitesten fortgeschritten. Nicht zu vergessen das Mutterland der C-Stores, die USA. Hier sollte man allerdings ebenso wie in anderen Märkten auch wissen, wo man hinfährt. Die Ostküste bietet da weit mehr als die Westküste und am meisten gelernt habe ich in Texas.

 

SIE MÖCHTEN KEINEN BLOGBEITRAG mehr VERPASSEN?

Jetzt einfach beim MCS-Newsletter anmelden!